Die vier Herren von „The Fabulous Root Bootleg Band“ aus Murnau hielten, was der ihnen vorauseilende Ruf versprach: voller Sound für rasante Tänzer und viele begeisterte Zuhörer und -seher! Im Barraum blieb für die Tanzpaare noch Platz für wirklich sehenswerte Einlagen und die Band um Racky Demharter heizte dazu allen so richtig ein. Katharina Stockhammer berichtete darüber im Reichenhaller Tagblatt vom 12.7.12:

 

Drehen und schaukeln im Vierviertel-Takt

Die „Root Bootleg Band“ zelebriert

Rock’n’Roll aus den wilden 50ern im Magazin 4

BAD REICHENHALL – Eigentlich liegen dem  laut Lexikon „sehr stark vom Rhythmus betonten Musikstil aus Amerika“ die englischen Verben „to rock“ und „to roll“ zugrunde, was so viel wie „schaukeln, wiegen, rollen, schlenkern und sich drehen“ bedeuten kann. Doch es wird nicht geschaukelt und sich hin und her gewiegt, an diesem heißen Sommerabend. Dafür wird getanzt, und zwar professionell und extrem rasant. Die passende Musik dazu liefert eine Formation aus dem bayerischen Oberland, die „Root Bootleg Band“ aus Murnau.

„I’m ready“ sang schon der große Fats Domino mit viel Tempo und auch die Band um den Sänger und Frontmann Ralf „Racky“ Demharter beginnt furios. Mit „Suzie Q“, einem „Swamp-Rock-Stück“ von Dale Hawkins, das vor allem durch die Coverversion von „Creedence Clearwater Revival“ weltberühmt wurde, legt das Quartett groovig nach. Das darauf folgende „Ice Cream Cone“ ist eine leichtfüßige Eigenkomposition aus ihrem letzten Album „A Taste Of Violence“. Knackig kommt danach „Buzz Buzz Buzz“ daher, bereits Huey Lewis & The News haben sich bei dieser Nummer ausgetobt.

Einige Tanzpaare vom 1. RRC Freilassing haben inzwischen die Fläche vor der Bühne im Magazin 4 annektiert und starten – zur Begeisterung des restlichen Publikums – von Anfang an richtig durch. Die Ausdauer der Tänzerinnen und Tänzer ist beachtlich, denn die Temperaturen sind schweißtreibend. Nicht gerade zur Abfrischung tragen „Flatfoot Sam“ (1957 von Oscar Wills komponiert und durch „The Blues Band“ populär geworden) und das sehr flott intonierte „Lonesome Train“ aus der Feder von Johnny Burnette bei. Auch Floyd Dixons „Hey Bartender“ aus den frühen 1950er Jahren erweist sich als noch spritziger wie in der Version von Johnny Lee und mindestens so lässig wie bei den „Blues Brothers“.

Nach der ersten Pause geht es ohne konditionelle Schwächen seitens der Künstler weiter. Witzig ist die Einlage des jüngsten Bandmitglieds, Bernd Zangenfeind jun., genannt „Junior“. Der fesche Gitarrist kraxelt auf den Kontrabass von Andy Asang und spielt auf diesem Podium seine Riffs. Aber weil er mit seinem Kopf den Plafond des Barraums berührt, ist es wohl nicht so gemütlich für ihn.

Und Andy Asang, scherzhaft „Andrew Lloyd Slapper“ genannt, der wie sein großes Instrument als Stütze fungiert, wirkt ohne Belastung durch den Junior trotzdem irgendwie befreiter. Ungewöhnlich ist außerdem, dass es sich der Schlagzeuger Henrik Ferstl, genannt „Henry the 3rd“, nicht auf einem Hocker bequem macht. Wie seine Kollegen steht er während des gesamten Auftritts an seinen „Killer-Shuffle-Drums“ und ist damit ein echter, energiegeladener Hingucker.

Mit „Boom Bapa Boom“ und „Keep On Lovin’ Me Baby“ präsentiert die Band weitere Songs, die nach vielen Jahren schon allein deshalb keinerlei Abnutzungserscheinungen aufweisen, weil sie nicht zu den „Gassenhauern“ des R’n’R zählen.

Mit „Thunder Road“ und „The Crawl“ geht das zweite Drittel schwungvoll im Vierviertel-Takt dem Ende zu. Die wohlverdiente Pause nutzen alle – Band und Publikum gleichermaßen – zur Abkühlung und Flüssigkeitszufuhr. Derart regeneriert kann es weitergehen. Im letzten Teil des Konzerts ziehen die Musiker dann auch nochmals alle Register ihres Könnens. Mit „Whole Lotta Shakin’ Goin’ On“ und „Great Balls Of Fire“ von Jerry Lee Lewis präsentieren die Oberbayern zwei schmissige Hits aus dem Jahr 1957, gefolgt von „Sea Cruise“, dem bekannten Titel von Huey „Piano“ Smith, der aber mit viel mehr „Drive“ als das Original dargeboten wird.

Weit mehr als 30 Stücke hat die „Root Bootleg Band“ auf ihrer Songliste und alle werden tatsächlich gespielt. Dies ist eine mehr als beachtliche Leistung unter harten Bedingungen, denn Tänzer und Scheinwerfer heizen den Saal auf. Doch die Zuhörer sind echte Fans und wissen es zu würdigen, dass das Quartett auf der Bühne mit einer fantastischen Spielfreude ausgestattet ist. So wundert es niemand, dass die Kombo, die die „wilden 50er“ zu leben weiß, eine der gefragtesten Rock’n’Roll-Formationen des Landes sind.

Trotz des Härtetests für Deodorants aller Art werden vehement Zugaben eingefordert. Racky Demharter und seine Jungs kommen diesem Wunsch gerne nach. „Should I Stay Or Should I Go“ ist daher lediglich eine rhetorische Frage. Natürlich darf die Band danach noch nicht gehen. Mit „Violent Love“ endet nach einigen Stunden ein mitreißender Konzertabend. Gäste und vier hervorragende Musiker, die den Kontakt zu ihrem Publikum sichtlich genießen, treten gleichermaßen gut gelaunt den Heimweg an.

 

Fotos: K.Stockhammer & Micky Scheurl