Leider war der große Konzertsaal des Kurgastzentrums nicht ausverkauft. Alle diejenigen, die sich diesen wunderbaren Abend entgehen ließen, sollten sich aber ärgern, denn die vier Damen aus Hamburg lieferten beste Unterhaltung auf hohen Niveau. Das sah auch Barbara Titze so, die für das Reichenhaller Tagblatt vom 15.01.2013 berichtete:

Über dem Klavierschemel liegend brillant gespielt

Quartett „Salut Salon“ bietet im Kurgastzentrum musikalischen und schauspielerischen Hochgenuss

BAD REICHENHALL - Nein, sie machen keine Salonmusik, eher „Musik im Salon“, wie „die Erste Geige“, Iris Siegfried, schmunzelnd erklärt. Sie haben viele gute Freunde und Bekannte ins Kurgastzentrum eingeladen, sich ausführlich um die Sitzordnung gekümmert, und nun sitzt man sozusagen im Wohnzimmer und hört gemeinsam gute Musik.

„Die Wahrheit liegt in der Dichtung, weil sie sich hier verdichtet“, aber „bevor Sie sich fragen, ob wir noch ganz dicht sind“, greifen die Damen lieber zu den Geigen- und Cellobögen beziehungsweise in die Tasten und machen das, was sie am liebsten tun, nämlich großartige Musik.

Eigentlich spielen sie ja schon wesentlich länger zusammen, aber da sie „die ersten Jahre unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielten“ und ihnen „die nächsten Jahre wie gefühlte 30“ erscheinen, ergibt das runde 40, geteilt durch vier Musikerinnen – und so kam das zehnjährige Jubiläum zusammen, das es nun zu feiern gilt.

Man merkt schon an der humorvollen Einführung, das hier ist keine so staubtrockene Angelegenheit, wie Kammermusik dies durchaus sein kann. Hier darf gelächelt, gekichert und sogar lauthals gelacht werden, so wie es auch die schon mal herumalbernden Damen auf der Bühne tun.

Die Atmosphäre ist locker, das Bühnenbild mit den Kronleuchtern vor farbig angestrahlten Vorhängen gelungen und die Bühnenpräsenz, die Virtuosität und das Können der vier Frauen so imponierend, dass sie es gar nicht nötig haben, „ihren Mann zu stehen“.

Sie können es sich erlauben, ganz Frau zu sein, mit Emotionen, Leidenschaft und ungeheurer Spielfreude. Kaum zu glauben, dass man sie in ihren Anfangszeiten fragte: „Vier Frauen auf der Bühne? Wer soll sich das denn anschauen? Na ja, für Straßenmusik reicht´s!“ Dabei stand die wegen ihrer musikalischen Sonderbegabung vom Schulunterricht befreite „Erste Geige“ Angelika Bachmann schon als Siebenjährige mit den Hamburger Symphonikern auf der Bühne und gewann zahlreiche 1. Bundespreise bei „Jugend musiziert“. Sie studierte Germanistik und Philosophie, schrieb eigene musikalische Arrangements und gründete den „salut salon“ zusammen mit der anderen „Ersten Geige“, Iris Siegfried, die ebenfalls Preisträgerin von „Jugend musiziert“ war, außerdem diplomierte Kulturmanagerin und Dozentin an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater ist und ganz nebenher noch als Rechtsanwältin arbeitet.

Auch die Cellistin Frederike Dany war Preisträgerin von „Jugend musiziert“ und anderer Wettbewerbe. Die Pianistin Anne-Monika von Twardowski wurde in Südafrika geboren und studierte in Deutschland. Völlig gleichberechtigt (das sieht man schon an den zwei Ersten Geigen), eigenständig und sich doch hervorragend ergänzend bilden sie zusammen dieses herrliche Musikquartett, das sich durch seinen Charme, seinen Humor und seine schon akrobatisch zu nennenden Einlagen von anderen Gruppierungen abhebt.

Cello wird zur Gitarre

Da wird mal eben mit dem eigenen Bogen auf der Geige der anderen, mit zwei Bögen gleichzeitig auf zwei Instrumenten oder mit dem Rücken auf dem Klavierschemel liegend mit einer Hand über Kopf gespielt, während die andere nebenbei die Seiten des Cellos zupft.

Vermutlich sieht man es nicht oft, dass ein Cello wie eine Gitarre gehalten wird, ein Wasserglas den Geigenbogen ersetzt und die ganze Gruppe singend und spielend über die Bühne marschiert.

Trotz aller musikkabarettistischer und witziger Einlagen ist es doch vor allem die so wunderbar dargebrachte Musik, die das Publikum fasziniert. Ob Brahms „Ungarischer Tanz Nr. 2 d-moll“, der „Danse macabre“ oder das Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 von C. Saint-Saens, ob Schuhmanns „Kinderszenen“, Liszts „Liebestraum – Notturno Nr. 3“, „Mein Hut, der hat drei Ecken“ oder in der jeweiligen Landessprache gesungene Lieder aus China oder Finnland, die vier Musikerinnen bezaubern durch ihre Technik, ihr einfühlsames, inniges Spiel und ihre Leidenschaft.

Witzig ist die Puppe Oskar, die sich erst ein wenig schüchtern, dann immer frecher werdend ins musikalische Geschehen mischt. Eine schauspielerische und musikalische Glanzleistung ist die Fahrt mit dem Traumschiff.

Die gähnende Langeweile muss zerstreut werden, es wird auf die kreischenden Möwen geschossen. Eine wird nur angeschossen, taumelt in der Luft, fällt zu Boden, rafft sich auf, wird bedauert, gelockt, ermuntert, bis sie sich schließlich wieder in die Lüfte schwingt und davonfliegt, während ein gewaltiger Sturm aufkommt und das Gewitter losbricht, alles nur pantomimisch und mit Hilfe der Instrumente dargestellt.

Ein weiterer Höhepunkt ist der „Mordsspaß“ mit Musik aus „Der weiße Hai“, „Das Boot“, „Die Moritat von Mackie Messer“, und dem „Tatort“. Wunderbar gruselig die quietschende, knarrende Tür, die Schritte und das sich entfernende Geheul des Martinshorns bei der Melodie von „Psycho“. Das teils überraschend junge Publikum im Kurgastzentrum ist begeistert, es johlt, klatscht und trampelt. Kein Zweifel, mit diesem großartigen Quartett haben die Veranstalter vom „Magazin 4“ einen hervorragenden Griff getan. Wie Angelika Bachmann sagt: „Wir sind wie guter Wein. Wir werden reifer und besser.“ Noch besser? Unvorstellbar!

 

Fotos: Eva Aschauer