Vom Gastspiel des jungen Jazz-Gitarristen Joscho Stephan, der mit seinem Trio erstmals im Magazin 4 auftrat, waren wir alle hellauf begeistert. Katharina Stockhammer hat im Reichenhaller Tagblatt vom 24. Mai 2014 darüber berichtet. Leider fiel ein großer Teil des Artikels dem beschränkten Platzangebot auf der Kulturseite zum Opfer. Kathi hat uns jedoch den vollständigen Text überlassen, und so können Sie - liebe Homepagebesucher - alles über dieses wunderbare Konzert erfahren (was kursiv steht, wurde nicht gedruckt).

Ein Hauch vom Paris der 30er Jahre durchweht die Alte Saline

Das Joscho Stephan Trio überzeugt mit Gypsy-Swing im Magazin 4

BAD REICHENHALL – Der große belgische Gitarrist Django Reinhardt hat im Paris der 1930er Jahre zusammen mit dem Violinisten Stéphane Grappelli den europäischen Jazz revolutioniert. Ihr „Quintette du Hot Club de France“ bewegte das Publikum und die Kritiker gleichermaßen. Die Musikstücke der beiden, teilweise schon im jugendlichen Alter geschaffen, haben auch im 21. Jahrhundert noch Bestand. Diese Kompositionen werden noch heute von unzähligen ambitionierten Künstlern gespielt, für manche sind sie Inspiration für eigene Werke. Joscho Stephan ist einer davon und zudem ein besonders talentierter junger Musiker, den die Leidenschaft für Django Reinhardt nicht mehr losgelassen hat.

Erstmals ist der Akustik-Gitarrist aus Mönchengladbach im Magazin 4 zu Gast. Gemeinsam mit seinem Vater Günter Stephan an der Rhythmusgitarre und Volker Kamp am Kontrabass legt der Rheinländer von der ersten Sekunde an temperamentvoll los. Bei unglaublicher Geschwindigkeit und mit höchster Präzision ist selbstverständlich ein Reinhardt-Stück angesagt, um den Konzertabend zu eröffnen: „Django’s Tiger“. Fasziniert folgt man Joschos Fingern auf dem Griffbrett.

Der zweite Titel, der ebenfalls von Reinhardt geschriebene „Minor Blues“, ist etwas ruhiger. Heiterkeit im Publikum ruft es hervor, als zwischendurch ein paar Takte „Pink Panther“ und „James Bond“ auftauchen. Auch für ein erstes Bass-Solo von Volker Kemp ist Platz, was mit einem kräftigen Zwischenapplaus goutiert wird.

„Joseph Joseph“ ist ein traditionelles Stück, das in der Zeit des Nationalsozialismus verboten war und nun durch Joschos atemberaubende Adaption begeistert. Gelernt ist eben gelernt. Dass der sympathische junge Mann bereits als 6-jähriger Knirps von seinem Vater unterrichtet wurde und später – als klassisch ausgebildeter Musikschüler – zahlreiche Preise bei „Jugend musiziert“ und „Jugend jazzt“ einheimsen konnte, ist hör- und sichtbar. Egal, ob mit rasantem Tempo oder mit vollendeter Harmonie gespielt – jeder Ton sitzt.

Längst hat sich Joscho Stephan als Komponist einen Namen gemacht. Bei seinem Debüt in der Salinenstadt kommen deshalb eigene Stücke nicht zu kurz. Die „Ballade pour Django“ ist seine persönliche Hommage an den großen Gypsy-Musiker. Sehr sanft, sehr melodiös gelingt dieser Titel und bietet allen drei Künstlern viel Raum, sich mit Soli zu entfalten.

Witzig und äußerst kurzweilig ist außerdem die Moderation des Bandleaders zwischen den einzelnen Stücken. Die Zuhörer erfahren Wissenswertes über die Kompositionen ebenso wie verschmitzte Geschichten über die Kollegen auf der Bühne. Vor allem der Vater bekommt gelegentlich „sein Fett weg“, aber auf eine liebenswert charmante Art und Weise, stets mit einem Augenzwinkern. Der bescheidene Rhythmusgitarrist hält sich dezent an der Seite des Sohnemanns, doch ohne seine hervorragende Begleitung wäre ein Konzert nur halb so mitreißend. „Er sorgt dafür, dass der Teppich ausgelegt ist“, erklärt sein Filius.

Im Dreivierteltakt schmiegt sich die „Klez Musette“ in die Gehörgänge des Publikums. Diese Eigenkomposition von Joscho braucht sich keinesfalls zu verstecken, wenngleich „Smile“ von Charlie Chaplin und „Caravan“ von Juan Tizol vermutlich den meisten Gästen vertrauter sind.

Nach der Pause stehen noch jede Menge weiterer musikalischer Highlights auf dem Programm. Da gibt es eine Gypsy-Swing-Version von Mozarts „Rondo alla Turca“ ebenso wie das grandiose „Sway“ von Dean Martin. Letzteres ist wunderschön. Mit ein wenig Phantasie glaubt man bei Joschos virtuoser Darbietung sogar die sonore Stimme des Amerikaners zu hören. Raffiniert und schnell gespielt ist der „Hot Club Swing“ aus der Feder des jugendlichen Bandchefs. Ausgezeichnet gelingt der „Bossa Dorado“ des berühmten Lothringer Künstlers Dorado Schmitt. Das Zusammenspiel der Musiker macht aus dem beschwingten Jazzstandard auch in der Alten Saline ein Klangerlebnis der Extraklasse.

„Sweet Georgia Brown“ mit einem sehr individuellen Intro und in einer temporeichen Version beschließt den „regulären“ Teil des Konzerts. Als die letzten Töne ausklingen, brandet im gut besuchten Barraum des Magazin 4 frenetischer Beifall auf.

„Immer wieder werden wir gefragt, ob wir nicht das populäre Stück aus dem Film „Chocolat“ spielen können“, erzählt Joscho Stephan. Die Nummer stammt natürlich nicht vom „Flusspiraten“ Johnny Depp, sondern von Django Reinhardt und Stéphane Grappelli, wurde 1937 veröffentlicht, heißt „Minor Swing“ und ist eine herrliche Zugabe für die begeisterten Zuhörer. Der Abschied mit Reinhardts „Nuages“ ist perlend und geschmeidig und ein wahrer Glanzpunkt am Ende eines tollen Jazzabends. Die Gäste in der Alten Saline sind sich einig: der Auftritt dieser Formation muss baldmöglichst eine Wiederholung finden.

 

www.joscho-stephan.de